Betrachte drei Würfelkanten, die an demselben Eckpunkt $V$ starten. Nimm drei Punkte $A$, $B$, $C$ auf den drei Kanten (und verschieden von $V$). Dann schneidet die Ebene durch $A$, $B$, $C$ den Würfel im Dreieck $ABC$. (Übrigens ist diese Konfiguration der einzige mögliche Weg, ein Dreieck als Querschnitt eines Würfels zu erhalten.)
Nennen wir $a$, $b$, $c$ die Distanzen von $A$, $B$, und $C$ zu $V$. Unter Berücksichtigung dieser Distanzen, wann ist das Dreieck $ABC$ gleichschenklig? Wann ist es gleichseitig?
Wenn $a=b$ oder $a=c$ oder $b=c$, dann ist das Dreieck gleichschenklig, wenn $a=b=c$, dann ist das Dreieck gleichseitig. Tatsächlich ist das Dreieck genau dann gleichschenklig, wenn (mindestens) zwei der Längen $a$, $b$, und $c$ gleich sind, und es ist genau dann gleichseitig, wenn alle drei Längen gleich sind. Dies kann mit einem Symmetrieargument gesehen werden oder indem man die Seitenlängen des Dreiecks $ABC$ berechnet.
Was sind die Seitenlängen des Dreiecks $ABC$?
Indem man den Satz des Pythagoras auf das rechtwinklige Dreieck $AVB$ anwendet, ist die Distanz von $A$ zu $B$
$$\overline{AB}=\sqrt{a^2+b^2}$$ Wir können auf ähnliche Weise die anderen Seiten berechnen:
$$\overline{AC}=\sqrt{a^2+c^2} \qquad \text{und} \qquad
\overline{BC}=\sqrt{b^2+c^2}$$
Was sind die Winkel des Dreiecks $ABC$?
Das Kosinussatz (Trigonometrie) erlaubt es uns, die Winkel eines Dreiecks zu berechnen, wenn die Seitenlängen bekannt sind. Wir müssen nur die Formel des Kosinussatzes anwenden (Achtung: $a$, $b$, $c$ sind nicht die Seitenlängen des Dreiecks).
Alternativ kann das Skalarprodukt zwischen Vektoren verwendet werden. Wir nehmen $V$ als Ursprung und legen die Koordinatenachsen entlang der drei Würfelkanten von $V$, sodass die Punkte $A=(a,0,0)$ und $B=(0,b,0)$ und $C=(0,0,c)$ Koordinaten haben.
Das Skalarprodukt zwischen den Vektoren $\overrightarrow{AB}=(-a,b,0)$ und $\overrightarrow{AC}=(-a,0,c)$ ist $a^2$, also ist der Winkel von $ABC$ bei $A$ ($\arccos$ ist hier die Arkuskosinus Funktion):
$$\hat{A}=\arccos\Big(\frac{a^2}{\sqrt{a^2+b^2}\sqrt{a^2+c^2}}\Big)$$
Ebenso haben wir
$$\hat{B}=\arccos\Big(\frac{b^2}{\sqrt{a^2+b^2}\sqrt{b^2+c^2}}\Big)\qquad \text{und} \qquad \hat{C}=\arccos\Big(\frac{c^2}{\sqrt{a^2+c^2}\sqrt{b^2+c^2}}\Big)$$
Was ist der Flächeninhalt des Dreiecks $ABC$? Was ist der größtmögliche Flächeninhalt?
Die Trigonometrie garantiert, dass der Flächeninhalt gleich der Hälfte des Produkts der Seitenlängen $\overline{AB}$ und $\overline{AC}$ multipliziert mit dem Sinus des Winkels bei $A$ ist. Da der Sinus des Dreieckwinkels strikt positiv ist, haben wir
$$\sin(\hat{A})=\sqrt{1-\cos^2(\hat{A})}$$
Indem wir den Wert für $\cos(\hat{A})$ ersetzen, finden wir
$$\sin(\hat{A})=\sqrt{1-\frac{a^4}{(a^2+b^2)(a^2+c^2)}}$$
und somit ist der Flächeninhalt
$$\frac{1}{2}\overline{AB}\,\overline{AC}\sin(\hat{A})=\frac{1}{2}\sqrt{a^2b^2+a^2c^2+b^2c^2}$$
Für einen Würfel mit Kantenlänge $\ell$ sind die Zahlen $a$,$b$, und $c$ höchstens $\ell$, also ist der größtmögliche Flächeninhalt erhalten, wenn $a=b=c=\ell$ (was bedeutet, dass $A$, $B$, und $C$ Quadrateckpunkte sind). Der größtmögliche Flächeninhalt des Dreiecks $ABC$ ist also
$$\frac{\sqrt{3}}{2}\ell^2$$
und für den Einheitswürfel ist er $\frac{\sqrt{3}}{2}$.
Bemerkung: Der Flächeninhalt von $ABC$ kann so klein wie möglich sein, nämlich, wenn $A$, $B$, und $C$ nahe bei $O$ liegen, ist der Flächeninhalt klein und nahe bei null.
Ist $ABC$ ein spitzwinkliges, stumpfwinkliges oder rechtwinkliges Dreieck? Kannst du alle Dreiecke (bis auf Ähnlichkeit), die man erhalten kann, bestimmen?
Das Dreieck $ABC$ ist spitzwinklig. Tatsächlich ist der Kosinus jedes Innenwinkels des Dreiecks strikt positiv, also ist jeder Winkel strikt kleiner als $90^\circ$.
Wir beweisen, dass wir alle spitzwinkligen Dreiecke bis auf Ähnlichkeit erhalten können. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit nehmen wir an, dass $\overline{BC}=\sqrt{b^2+c^2}$ die größte Seite ist, und wir skalieren das Dreieck so, dass $\overline{BC}^2=b^2+c^2=1$. Wir schreiben $$x:=\overline{AB}^2=a^2+b^2 \qquad \text{und}\qquad y:=\overline{AC}^2=a^2+(1-b^2)$$ Die Zahlen $x$ und $y$ sind strikt positiv und nicht größer als $1$, und ihre Summe ist größer als $1$. Indem wir $a$ und $b$ variieren, können wir alle Zahlen $x$ und $y$ mit diesen Eigenschaften erhalten. Tatsächlich können wir setzen $$a^2=(x+y-1)/2 \qquad \text{und} \qquad b^2=(1+x-y)/2$$ Dies beweist, dass wir alle spitzwinkligen Dreiecke bis auf Ähnlichkeit erhalten können, weil die obigen Eigenschaften für $x$ und $y$ notwendig sind. Erstens ist es klar, dass $x$ und $y$ strikt positiv sein müssen. Zweitens dürfen $x$ und $y$ $1$ nicht überschreiten, weil $\overline{BC}=1$ die größte Seitenlänge ist. Drittens steht die Tatsache, dass $x+y$ größer als $1$ sein muss, im Zusammenhang mit dem Satz des Pythagoras (und folgt aus dem Kosinussatz): In jedem spitzwinkligen Dreieck ist die Summe der Quadrate zweier Seiten strikt größer als das Quadrat der verbleibenden Seite.
Kannst du beweisen, dass die Schnittebene durch $A$, $B$, und $C$ den Würfel genau im Dreieck $ABC$ schneidet?
Bis auf Skalierung können wir ohne Beschränkung der Allgemeinheit annehmen, dass wir den Einheitswürfel haben. Mit den oben gewählten Koordinaten haben wir die Punkte $V=(0,0,0)$ und $A=(a,0,0)$ und $B=(0,b,0)$ und $C=(0,0,c)$. Also besteht der Würfel aus den Punkten, deren Koordinaten im Bereich von $0$ bis $1$ liegen. Die Schnittebene besteht aus Punkten, die man von $A$ aus durch Addition eines Vielfachen des Vektors $\overrightarrow{AB}$ und eines Vielfachen des Vektors $\overrightarrow{AC}$ erhält. Dies sind die Punkte:
$$(a,0,0)+t(-a,b,0)+s(-a,0,c)=((1-(t+s))a,tb,sc)$$
Damit man Punkte des Würfels erhält, müssen alle Koordinaten zwischen $0$ und $1$ liegen.
Wenn man auf die zwei letzten Koordinaten schaut, müssen die Parameter $t$ und $s$ nicht negativ sein, und wenn man auf die erste Koordinate schaut, darf deren Summe $1$ nicht überschreiten. Außerdem können wir den obigen Ausdruck umschreiben als
$$(1-(t+s))A+t B+s C$$
Die Koeffizienten sind drei nichtnegative reelle Zahlen, deren Summe genau eins ist. Wenn wir die baryzentrischen Koordinaten im Dreieck $ABC$ betrachten, können wir genau alle Punkte im Dreieck $ABC$ erhalten. So haben wir gezeigt, dass die Schnittmenge des Würfels mit der Schnittebene im Dreieck $ABC$ enthalten ist. Um zu beweisen, dass das Dreieck $ABC$ dem Querschnitt des Würfels gehört, können wir überprüfen, dass die Koordinaten der obigen Punkte (die in der Schnittebene liegen) zwischen $0$ und $1$ sind. Tatsächlich ist das der Fall, weil die reellen Zahlen $a$, $b$, $c$, $(1-(t+s))$, $t$, und $s$ alle zwischen $0$ und $1$ liegen. Alternativ könnten wir per Konvexität argumentieren, da sowohl die Schnittebene als auch der Würfel konvex sind und $A$, $B$, und $C$ enthalten, also müssen sie auch die konvexe Hülle dieser drei Punkte enthalten, was das Dreieck $ABC$ ist.